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Das Gesetz ermöglicht Behörden und Gerichten bei der Versendung von Papieren über Versanddienste einen Rückgriff auf eine Vermutung, dass der Brief den Adressaten drei Tage nach dem Tag, an dem die Behörde den Brief zur Post aufgegeben hat, auch erreicht hat. Quasi jede Verfahrensordnung hat eine ähnlich lautende Vorschrift enthalten. So auch die Abgabenordnung. Hier gilt gem. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO, dass ein ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben gilt, es sei denn, er ist nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen. Sofern Zweifel bestehen, hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

Der BFH hat nun klargestellt, dass diese Regelungen aus einer Zeit stammen, als die Deutsche Bundespost noch für die Beförderung von Briefen das gesetzliche Monopol hatte. Daher konnte man regelmäßig davon ausgehen, dass ein Brief entsprechend den organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen der Deutschen Post AG innerhalb von drei Tagen den Empfänger erreicht. Das ist bei privaten Unternehmen, die noch dazu Subunternehmer beschäftigen, weil diese nur regional tätig sind, aber nicht der Fall, weshalb in solchen Fällen jeder Einzelfall genau zu prüfen ist und ein unbedingter Rückgriff auf die (alte) Zugangsfiktionsregel nicht mehr eröffnet ist. (vgl. BFH Urteil vom 14.6.2018 – Az. III R 27/17)

Eine erhebliche Einschränkung der Zugangsvermutung ist damit folgerichtig höchstrichterlich betätigt worden. Die Deutsche Post AG hat bis 2024 stets zugesichert, dass ein Brief in der Regel am nächsten Tag zugestellt sein wird. Diese Verpflichtung hat sie 2024 aber aufgegeben und möchte nur noch verpflichtet sein, Briefe innerhalb von 4 Tagen an die Empfänger ausliefern zu müssen. Das zeigt sehr deutlich, dass der Gesetzgeber in der Pflicht ist, diese Zugangsregelungen aus den Verfahrensordnungen zu streichen oder mindestens zu modifizieren, damit die geänderte Wirklichkeit zum Nachteil der Bürger endlich berücksichtigt wird.

Foto von Wesley Tingey auf Unsplash

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